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„Klimaschutz braucht Mut – Maja Göpel über Chancen und Blockaden“

Geschrieben von Matthias Uhl | 12.11.2025 10:50:30

🌍 „Wir wissen, was zu tun ist – jetzt müssen wir es auch tun“: Maja Göpel über Mut, Chancen und die Blockaden im Klimaschutz

In den Tagesthemen spricht Transformationsforscherin Prof. Maja Göpel über den Stand des weltweiten Klimaschutzes – und zieht Bilanz. Trotz technologischer Möglichkeiten und klarer wissenschaftlicher Fakten bleibe entschlossenes Handeln aus. Göpel erklärt, warum Politik und Wirtschaft zögern, welche Chancen in der Transformation liegen, welche Rolle China spielt – und was Deutschland jetzt tun muss.

Wo stehen wir beim Klimaschutz?

„Nicht da, wo wir sein müssten“, sagt Maja Göpel gleich zu Beginn. Die internationale Staatengemeinschaft bewege sich zwar, aber viel zu langsam. „Die bisherigen Zusagen reichen nicht ansatzweise aus, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.“

Göpel verweist auf die wachsende Kluft zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und politischer Realität. Während Extremwetter, Dürren und Überschwemmungen zunehmen, halten viele Länder an fossilen Strukturen fest. „Wir diskutieren über Details, während das Dach schon brennt“, fasst sie die Lage zusammen.

Warum handeln wir so zögerlich?

Die Ursachen sieht Göpel auf mehreren Ebenen:

  • Politische Kurzsichtigkeit: „Unser System belohnt kurzfristige Erfolge – Wahlzyklen, Bilanzen, Renditen. Aber die Klimakrise lässt sich nicht in Legislaturperioden denken.“
  • Wirtschaftliche Interessen: Mächtige Branchen verdienten „immer noch sehr gut daran, dass es fossile Energien gibt“.
  • Gesellschaftliche Angst: Viele Menschen hätten Sorge vor Verlust – „dabei geht es nicht um Verzicht, sondern um Erneuerung“.
  • Getrübte Wahrnehmung: Ursache und Wirkung des Klimawandels sind schwer direkt nachvollziehbar 
  • Fehlendes Vertrauen international: Entwicklungs- und Schwellenländer glaubten oft nicht, dass Industrieländer ihre Versprechen wirklich halten.

„Es ist paradox,
wir wissen mehr denn je,
haben die Technologien –
und tun trotzdem zu wenig.

Das zeigt, wie tief unsere Systeme
auf Stabilität und Besitzstand
ausgerichtet sind.“

 

Prof. Dr. Maja Göpel ist Politökonomin und Expertin für Nachhaltigkeitspolitik & Transformationsforschung

 

Die Chancen der Transformation

Für Göpel ist Klimaschutz kein Projekt des Verzichts, sondern „eine Einladung, Zukunft aktiv zu gestalten“. Sie betont, dass der Umbau hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft Wohlstand, Innovation und Sicherheit bringt:

  • Wirtschaftliche Resilienz: „Erneuerbare Energien machen uns unabhängiger von geopolitischen Krisen“ - und begrenzen wir unsere Erpressbarkeit durch die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.
  • Neue Leitmärkte: „Wer heute in klimafreundliche Technologien investiert, bestimmt morgen die Standards.“
  • Lebensqualität: „Weniger Ressourcenverbrauch heißt oft mehr Lebensqualität – saubere Luft, gesündere Städte, mehr Resilienz.“

Göpel betont, dass die Transformation nicht nur eine ökologische, sondern eine gesellschaftliche Modernisierung sei. „Es geht darum, Intelligenz, Wissen und Kreativität so einzusetzen, dass Fortschritt nicht länger Zerstörung bedeutet.“

Die Risiken des „Weiter so“

„Das teuerste, was wir tun können, ist nichts zu tun“, warnt Göpel. Jede Verzögerung erhöhe die Kosten für künftige Generationen.

Neben finanziellen Risiken nennt sie auch Sicherheits- und Stabilitätsrisiken:

  • „Klimafolgen führen zu Hunger, Migration, Konflikten – das ist längst keine Zukunftsmusik mehr.“
  • Nichthandeln gefährde zudem die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit Europas.

„Wenn wir die grüne Wende verschlafen, kaufen wir bald Technologien von anderen – und zahlen doppelt: für die Schäden und für die Lösungen.“

Welche Handlungsfelder sind jetzt entscheidend?

Göpel nennt mehrere Hebel, die kurzfristig wirksam wären:

  • Klimainvestitionen beschleunigen: Bürokratische Hürden abbauen, Fördermittel zielgerichtet einsetzen.
  • Faire Preise für CO₂: „Klimaschädliches Verhalten darf sich nicht länger lohnen.“
  • Bildung und Innovation stärken: Zukunftskompetenzen fördern, Forschung vernetzen.
  • Globale Kooperation ausbauen: „Klimaschutz ist kein nationaler Wettbewerb, sondern ein gemeinsames Sicherheitsprojekt.“

„Transformation gelingt, wenn sie als gesellschaftliches Projekt verstanden wird – nicht als technokratische Maßnahme von oben“, betont sie.

Chinas Rolle – zwischen Vorreiter und Bremser

„China ist das große Paradox der Klimapolitik“, sagt Göpel. Einerseits sei das Land größter Emittent der Welt, andererseits führend bei erneuerbaren Energien. „China baut Solaranlagen und Windparks in einem Tempo, das weltweit seinesgleichen sucht – exportiert aber gleichzeitig Kohlekraftwerke.“

Für Göpel ist klar: Ohne China keine globale Wende. „Wir müssen China als Partner begreifen – nicht als Gegner. Der Wettlauf um grüne Technologien kann ein Wettbewerb sein, aber auch eine Chance für Kooperation.“

Auch die USA und Europa seien gefragt, „mit glaubwürdigen Maßnahmen voranzugehen, statt mit dem Finger zu zeigen“.

Und Deutschland?

Deutschland habe „viele richtige Weichen gestellt“, etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien.

Doch Göpel kritisiert:
„Wir verzetteln uns zu oft in Detailstreit und verlieren den Blick fürs große Ganze.“

Sie fordert von der Bundesregierung, Klimaschutz als strategisches Projekt zu begreifen – „nicht nur als Umweltpolitik, sondern als Wirtschafts-, Sozial- und Sicherheitspolitik zugleich“.

Das Land brauche „Mut zur Entscheidung und eine positive Vision“, die Menschen mitnehme.
„Es reicht nicht, nur über Kosten zu reden. Wir müssen über den Wert einer lebenswerten Zukunft sprechen.“

Zuversichtlicher Blick in die Zukunft

Zum Ende des Gesprächs wird Göpel deutlich:
„Wir wissen, was zu tun ist. Jetzt kommt es darauf an, den Mut zu haben, es umzusetzen.“

Ihr Appell richtet sich an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen:
„Wir müssen aufhören, Veränderung als Verlust zu begreifen. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass wir als Menschheit eine Zukunft haben.“

Die Klimatransformation, so Göpel, sei kein Verzichtsprojekt, sondern „die größte Modernisierungschance seit der industriellen Revolution.“

Quelle: Tagesthemen, ARD, 8. November 2023: Zum Interview auf YouTube

 

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